35. Ordentlicher Verbandstag des Handballverbandes Württemberg
Vor großen Herausforderungen steht der Handballverband Württemberg (HVW) in den kommenden zwei Jahren, soll doch bis 2025 der Zusammenschluss mit den Verbänden aus Baden und Südbaden zu „Handball Baden-Württemberg“ erfolgen. Dieses Thema bestimmte denn auch den 35. Ordentlichen Verbandstag des HVW am Samstag in der Stadthalle Holzgerlingen, bei dem über 100 Delegierte aus den acht Bezirken und der Verbandsjugend nach einigen Diskussionen die Weichen für die weiteren Verhandlungen und den Zeitplan bis zur für den 1. Juli 2025 geplanten Fusion absegneten. Die bisher handelnden Personen stellten sich bei den Wahlen fast durchweg erneut zur Verfügung und wurden meist einstimmig in ihren Ämtern bestätigt.
Nach dem Grußwort des Ersten Beigeordneten von Holzgerlingen, Jean-Rémy Planche, der den verhinderten Bürgermeister vertrat, und der Totenehrung folgten drei informativen Talkrunden – moderiert von RegioTV-Sportreporter Daniel Räuchle. Zunächst sprachen der Präsident des Württembergischen Landessportbundes (WLSB), Andreas Felchle (Maulbronn), der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Handballbundes (DHB), Mark Schober (Dortmund) und Dr. Roman Glaser (Ottersweier), Präsident und Vorsitzender des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbandes (BWGV) zum Thema „Geplante Verschmelzung der drei Handballverbände Südbadens, Badens und Württembergs bis 2025“.
Im zweiten Gesprächsblock stellten sich Junioren-Bundestrainer Martin Heuberger (Schutterwald) und Ministerialrat Michael Schreiner (Stuttgart), der Leiter des Referats Sport, Sportförderung, Kulturelle Angelegenheiten im Ministerium für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg, den Fragen von Moderator Räuchle zum „Jahrzehnt des Handballs – der Blick nach vorne“ sowie den Chancen der Sportart nach dem Gewinn der Junioren-Weltmeisterschaft durch das deutsche Team im Juli.
„Schule und Ganztag – wie muss sich der Sport aufstellen?“ war dann das Thema, zu dem Francis Tief (Ulm), Mitglied im HVW-Ausschuss Jugend, Schule, Bildung, und Christine Vollmer (Tübingen), Leiterin der Fachabteilung Schule und Sport der Stadt Tübingen und Vizepräsidentin Sportentwicklung im WLSB, ihre Einschätzung zu den Folgen des 2026 in Kraft tretenden Ganztagsförderungsgesetz äußerten.
„Wir haben besondere Jahre mit völlig unbekannten Herausforderungen gestemmt“
HVW-Präsident Hans Artschwager (Hildrizhausen) freute sich bei seiner Rede darüber, dass man nach dem wegen der Corona-Pandemie erstmals digital abgehaltenen Verbandstag 2020 nun nach sechs Jahren (Verbandstag 2017 in Esslingen) wieder in Präsenz tagen konnte. Er begrüßte zahlreiche Ehrengäste, ehrte viele verdiente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für ihr Engagement und ließ die vergangenen drei Jahre noch einmal Revue passieren. „Wir haben besondere Jahre mit völlig unbekannten Herausforderungen gestemmt, die der Handball so noch nie zu bewältigen hatte“, erklärte er. „Corona hat uns fast zwei Jahre den Spielbetrieb durcheinandergebracht, in dieser Zeit haben wir aber auch bewiesen, dass der Handball ohne Blaupause vieles schaffen und erreichen kann, wenn alle – HVW-Präsidium, Bezirke, aber vor allem die Vereine mit ihren unzähligen ehrenamtlich Tätigen zusammenarbeiten!“, dankte der HVW-Präsident allen Beteiligten für ihren Einsatz und die Treue „zu unserem tollen Sport“.
In seinem Blick zurück erwähnte Artschwager den schon fast traditionellen Grundschulaktionstag, der nach dem Ausfall 2020 und 2021 im vergangenen Jahr 2022 wieder ein großer Erfolg war und knapp 30.000 Kinder aus fast 550 Grundschulen aus ganz Baden-Württemberg in Bewegung brachte. Der Deutschland-Cup der weiblichen Jugendauswahlteams war für den Verband organisatorisch und sportlich wieder ein großer Erfolg und wird – nach acht Jahren im württembergischen Verbandsgebiet – nun 2024 in Hannover ausgetragen. Während der Pandemie konnte die HVW-Geschäftsstelle den Vereinen zahlreiche digitale Angebote von Trainingsinhalten über Vereinsmanagement, Digitalisierungsprozesse, Schiedsrichterschulungen, Social-Media-Tipps und vieles mehr präsentieren, die rege genutzt wurden. Grundschulliga, HBW-Schultour, Handball kommt in die Schule – alle diese Programme halfen, neue Mitglieder für Handball zu gewinnen. Herausragend wäre die Saison 2021/2022 für die Frauen der SG BBM Bietigheim gewesen, „die alles abgeräumt haben, was es zu holen gab: Supercup, Meister-Titel, den Sieg in der EHF-European League und den DHB-Pokal – nicht umsonst ist Trainer Markus Gaugisch dann auch zum Bundestrainer der Frauen berufen worden und damit ein weiterer Württemberger im DHB aktiv!“
Als kommende Herausforderungen für die Vereine nannte der Präsident die Ganztagsschule, die ab 2026 die Gesellschaft verändere, weil die Kinder dann die meiste Zeit des Tages in der Schule verbringen: „Wer den Wandel nicht aktiv begleitet und seinen Platz einfordert, wird über kurz oder lang abgedrängt.“ Deshalb müsse die Zahl der Kooperationen Schule-Verein deutlich erhöht werden und der Vereinssport als Bewegungspartner Nummer 1 im Ganztag verankert werden.
Zusammenschluss zu „Handball Baden-Württemberg“ soll 2025 erfolgen
„Drei Verbände in einem Bundesland – außerhalb von Baden-Württemberg versteht das niemand!“ Deshalb müsse der Zusammenschluss von HVW sowie Badischem und Südbadischem Handballverband erfolgen. „Die Zeit ist reif, die Kräfte zu bündeln und Synergien zu heben, um so mit dem gesellschaftlichen Wandel besser Schritt halten zu können“, so Artschwager, „es bringt ganz grundsätzlich Vorteile, wenn der Sport im Land mit einer mächtigen Stimme spricht!“ Der „zeitaufwendige und intensive Prozess des Zusammenschlusses“ habe mit ersten Gesprächen 2018 in Ruit begonnen, seitdem habe allein die Lenkungsgruppe der drei Landesverbände 40 Sitzungen, meist als Videokonferenzen, abgehalten. Dazu kamen unzählige Sitzungen und Konferenzen aller Kommissionen, die Vorstellung der Ergebnisse im HVW-Präsidium, bei den Abteilungsleiterversammlungen und zuletzt bei allen Bezirkstagen. Insbesondere die angedachte Neuordnung der Bezirke und des Spielbetriebs habe zu vielen Diskussionen geführt. „Mit einer möglichen Fusion zum 1. Juli 2025 sind weder Zuordnung der Vereine, wie Struktur, Gremien und Personal, in Stein gemeißelt – Veränderungen, Anträge und Anpassungen der Satzung und Ordnungen werden auch in naher und weiterer Zukunft immer an der Tagesordnung sein“, betonte Hans Artschwager.
Fast alle Mitglieder des HVW-Präsidiums hätten bereits in der Sommerklausur 2022 erklärt, bis zur möglichen Fusion für ihr Amt zur Verfügung zu stehen. Dafür dankte der Präsident: „Das ist gar nicht hoch genug einzuschätzen und birgt die Hoffnung, dass wir am 9. März 2024 bei den außerordentlichen Verbandstagen der drei Organisationen die notwendigen Mehrheiten für die Fusion zu Handball Baden-Württemberg erhalten!“ Abschließend dankte er den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Vereinen, seinen Mitstreitern im Präsidium und auf der HVW-Geschäftsstelle sowie allen Engagierten in den Bezirken.
Zunächst Diskussionen – letztlich aber das Mandat zur Fortführung der Fusionsverhandlungen
Der Antrag des Präsidiums zur Fortführung der Fusionsgespräche wurde am Nachmittag zunächst längere Zeit zum Teil kontrovers diskutiert, ehe sich die Delegierten nach kurzer Beratungspause ohne Gegenstimme bei vier Enthaltungen einverstanden erklärten, das Präsidium und das geschäftsführende Präsidium zu beauftragen, „die Gespräche zur Verschmelzung der drei Landesverbände in Baden-Württemberg unter Beachtung der Interessenslage des HVW zu erarbeiten“.
Die anschließend von Horst Flum geleiteten Wahlen brachten bei den Besetzungen von Präsidium und den Verbandsausschüssen eine große Kontinuität. Bis auf eine Ausnahme wegen Rückzugs wurden alle bisherigen Amtsinhaberinnen und Amtsinhaber – wie angekündigt – bestätigt. Für weitere drei Jahre gewählt sind: Präsident Hans Artschwager (Hildrizhausen), Vizepräsident Finanzen und Verwaltung Rudolf Pfahl (Remseck), Vizepräsident Bezirke Heiko Griebel (Röthenbach/Allgäu), Vizepräsident Jugend und Vorsitzende Ausschuss Jugend, Schule, Bildung Claudia Marczynski (Fellbach), Vorsitzender Ausschuss Spieltechnik Michael Roll (Heilbronn), Vorsitzender Lehre und Leistung Nico Kiener (Göppingen), Vorsitzender Ausschuss Schiedsrichter Dirk Zeiher (Balingen-Ostdorf), Vorsitzende Ausschuss Frauen Ilka Korn (Abstatt) und Vorsitzender Ausschuss Recht Joachim Bauer (Hechingen).
Das Verbandsgericht setzt sich künftig aus dem Vorsitzenden Dietmar Straub (Nürtingen-Hardt) sowie den Beisitzern Tilo Haffa (Esslingen), Jürgen Amrehn (Stuttgart), Horst Hornek (Esslingen), Dr. Eckhard Barth (Altbach) und Jochen Thierauf (Neuhausen/Filder) zusammen, die erste Kammer des Verbandsschiedsgerichts aus dem Vorsitzender Bernd Bleile (Tübingen) sowie den Beisitzern Hans-Ulrich Singer (Flein), Siegfried Mauthe (Steinheim-Kleinbottwar), Ann-Kathrin Laure (Stuttgart), Günter Düring (Dettingen/Erms), Hans-Peter Zaunseder (Bad Boll), Volker Hegel (Nagold), Helmut Götz (Talheim) und Claudia Mahler (Blaubeuren).
Die zweite Kammer des Verbandsschiedsgericht besteht aus Dr. Jascha Seitz (Stuttgart) als Vorsitzendem, Beisitzer sind Florian Bayer (Lindenberg), Stephan Meneghini (Neu-Ulm), Bernd Bleile (Tübingen), Kai Füller (Stuttgart), Marc Günther (Ofterdingen), Günther Böss (Renningen) und Ulrich Fehrlen (Esslingen). Ohne Gegenstimmen gewählt wurden die vier Kassenprüfer Hans Brodbeck (Göppingen), Armin Pfister (Backnang) und Michael Stark (Remseck).
Ehrungen mit DHB- und HVW-Ehrennadeln – HVW-Verdienstmedaille für Bernhard Bauer
Für ihre Verdienste um den Handball erhielten die DHB-Ehrennadel in Gold Horst Flum (Lenningen), in Silber Hans Hohlbauch (Gammelshausen), Wolfgang Heinz (Waiblingen), Karl-Heinz Helber (Oberstenfeld) und Heinz Nitsche (Weinsberg), sowie in Bronze Thomas Schadenberger (Nordheim). Die silberne WLSB-Ehrennadel gab es für Gabriele Kindler (Magstadt) und Markus Häge sen. (Ulm). Die HVW-Ehrennadel in Gold wurde Günter Böss (Renningen), Siegfried Mauthe (Steinheim-Kleinbottwar), Norwin Pollich (Backnang), Eberhard Gloger (Ehningen), Wolfgang Köhl (Albstadt), Bernd Bleile (Tübingen), Michael Roll (Heilbronn) und Dennis Bastian (Tuttlingen) verliehen. Mit HVW-Silber wurden Hans-Peter Zaunseder (Bad Boll), Dr. Eckhard Barth (Altbach) und Dirk Zeiher (Balingen) ausgezeichnet, Ilka Korn (Abstatt) erhielt die bronzene HVW-Ehrennadel.
Für seine besonderen Verdienst um die Förderung des Handballsport in Württemberg wurde abschließend Ehrenpräsident Bernhard Bauer von Präsident Hans Artschwager und Hartmut Binder (Nürtingen) mit der HVW-Verdienstmedaille ausgezeichnet. Der Leonberger war nicht nur von 2002 bis 2008 Präsident des HVW, sondern gehörte 2003 auch zu den Gründungsmitgliedern des Vereins „Freunde und Förderer des Handballs in Württemberg“, der in den 20 Jahren seit seiner Gründung bis heute mehr als 160.000 Euro für verschiedene Projekte im Verband sammelte. Von 2012 bis 2022 war Bernhard Bauer Vorsitzender des „FuF“, ehe er das Amt an Hartmut Binder übergab.
In Neckarsulm geboren, stand Bauer ab der C-Jugend bei „seiner“ SG Neckarsulm im Tor, wurde später mit der Uni Tübingen Deutscher Hochschulmeister und Studentennationalspieler, spielte bei der TSG Oßweil, beim TV Neuhausen/Erms, dem TV Kornwestheim und bei Frisch Auf Göppingen in der Bundesliga beziehungsweise Regionalliga. Seine aktive Laufbahn beendete er – da schloss sich der Kreis – 1987 bei seinem Heimatverein SG Neckarsulm.